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Hitzewellen in Berlin:

Wie kann sich die Hauptstadt auf den Sommer vorbereiten?

Durchschnittlich liegen die Temperaturen in Städten höher als auf dem Land. Gerade in Berlin mit über 3,6 Millionen Einwohnern ist das im Sommer schnell ein Problem. Die Straßen und Häuserzeilen heizen sich auf, geben die Hitze wiederum ab und je nach der Enge der Bebauung weht nicht einmal eine kleine Brise. Aber was kann getan werden, um die Probleme abzumildern?

Was sind die typischen Probleme im Stadtklima?

Städte sind stets anders aufgebaut als ländliche Dörfer und Gemeinden – was sich auch im Wandel des Mikroklimas entsprechend bemerkbar macht. Der größte Unterschied bezieht sich auf die relativ zur Verfügung stehende Fläche unter Berücksichtigung der Einwohnerzahl. Das ist verständlich, denn auf einem Hektar fallen zehn Menschen wesentlich weniger auf als einhundert. Mit der Dichte und dem fehlenden Raum treten einige Schwierigkeiten hervor. Konkret betrifft dies:

  • Beton/Stein/Metall – der größte Teil der Stadt besteht aus den genannten Stoffen. Alle dieser Stoffe nehmen jedoch auch Wärme sehr gut an und geben sie wieder ab. Auf dem Land herrschen diese Materialien natürlich auch vor, doch fallen sie durch die eher weite Bauweise und die großen Abstände kaum ins Gewicht.
  • Hochbauweise – wo wenig Platz ist, muss in die Höhe gebaut werden, um Raum für Menschen zu schaffen. Hochhäuser müssen jedoch aus den genannten Materialien bestehen. Zugleich verhindern sie, dass die Stadt »gelüftet« werden kann. Ein Luftzug im Sommer dringt kaum tief in die Straßen vor, sondern wird regelmäßig abgeschirmt. Hinsichtlich dieser Problematik ist auch die Stadtplanung in Deutschland nachteilig. Während in den USA Straßen sehr geordnet und gerade verlaufen, sodass echte Viertel entstehen, läuft in Deutschland alles kreuz und quer.
  • Versiegelung – sie führt zur Hitzeproblematik, weil die versiegelten Flächen am Tage Wärme aufnehmen und sie in den Nachtstunden wieder abgeben. Problematischer ist die Versiegelung jedoch bei starken Regenfällen: Das Wasser kann nicht ins Erdreich absickern, die Kanalisation ist überlastet und es kommt zu Überschwemmungen.

Nun sind Städte, wie auch Berlin, aber nun einmal vorhanden und können nicht von heute auf morgen vollständig neu errichtet werden. Es sind also andere Lösungen gefragt.

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Was kann Berlin dagegen tun?

Grün, Grün, Grün und Weiß. Beides sind nur rudimentär Farben, die in Berliner Wappen vorkommen, doch eben diese Färbungen schaffen Hilfe:

  • Grün – gemeint ist natürlich die Begrünung von Straßen, Fassaden, wie auch der Bau oder der Erhalt von Grünflächenanlagen – in groß und in klein. Vegetation wirkt sich stets positiv auf das Stadtklima aus und schafft zudem noch Schattenplätze. Eine schöne Allee wird niemals so heiß werden, wie eine freie Straße. Die Bäume verhindern, dass sich der Asphalt vollständig aufheizen kann. Auch begrünte Fassaden tragen ihren Anteil dazu bei, Hitzewellen besser auszuhalten. Nachteilig ist in dieser Beziehung die ständige Nachverdichtung. Denn wo einst Hinterhofgärten in Berlin lagen, wurden längst neue Häuser oder Parkplätze errichtet. Die Folge: Wieder gehen natürliche Klimahelfer verloren.
  • Weiße Fassaden – nicht nur Berlin muss sich farblich hinsichtlich der Hausfassaden umorientieren. Umso heißer es in den Sommern wird, desto wichtiger sind reflektierende Fassaden. Ein Blick in den Süden Europas verrät die Lösung: Die Mehrzahl der Häuser ist weiß oder sehr hell gestrichen. Längst gibt es spezielle Fassadenfarben, die mit reflektierenden Mineralstoffen verfeinert wurden. Das Sonnenlicht wird nun, ähnlich wie durch Schnee, reflektiert.

Gewiss prallen in Berlin oft zwei Welten zusammen. Eigentümer von Altbauten, die nach dem Krieg mühsam wieder aufgebaut und längst modernisiert wurden, sind teils die Hände gebunden. Die Regelungen rund um die Bebauungspläne und dem Denkmalschutz sind strikt und erlauben nicht unbedingt, das Äußere des Hauses abzuändern. Eine Fassadenbegrünung kann in diesem Fall ein nervenaufreibender Prozess mit Gerichtsverfahren werden. Diesbezüglich müssten die Regelungen somit streng gelockert beziehungsweise an die heutigen Belange angepasst werden.

Was die Stadt tun kann, ist den Erhalt von Grünflächen, Grünanlagen und auch von Alleen zu fördern und zu fordern. Sicherlich werden auch in Berlin beständig mehr Parkplätze benötigt, doch gibt es für die Befestigung längst sinnvollere Lösungen als blanken Beton oder Asphalt. Rasengittersteine, die mit losem Kies aufgeschüttet werden, sind absolut tragfähig, erhitzen sich weniger und lassen bei starken Regenfällen die Feuchtigkeit versickern. Auch nehmen neue Bäume auf den Parkflächen kaum Raum weg.

Auch Brunnen, Wasserspender oder Sprinklerflächen, an und unter denen sich Bürger bei Hitze abkühlen können, sind hilfreich.

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Was kann jeder Einzelne für sich tun?

Niemand kann mit den eigenen Händen Hitzewellen abhalten oder den Klimawandel stoppen. Das dürfte jedem bewusst sein, doch im kleinen Rahmen kann jeder etwas für sich – und im erweiterten Sinne für alle – tun.

  • Hitzehelfer – wenn es heiß ist, bleibt ohnehin nur die Chance, für sich Wege zu finden, die Wärme zu überstehen. Hitzeschutzrollos helfen dabei, gerade in Räumen, in die die Sonne über Stunden hineinscheint. Echte Klimaanlagen indes stellen Mieter vor die Problematik, dass sie praktisch nur bei geöffnetem Fenster genutzt werden können, da der Schlauch nach draußen geführt werden muss. Allerdings werden die reinen Zimmerklimaanlagen auch immer besser, wobei die Abwärme beachtet werden muss. Es bringt nichts, wenn die Anlage zwar einen kühlen Luftstrom produziert, jedoch hintenrum heiße Abwärme ausstößt.
  • Vorbereitung – die nächste Hitzewelle kommt garantiert. Schon jetzt können sich Bewohner darauf vorbereiten. Ein ordentlich begrünter Balkon samt höheren Grünpflanzen kann bereits einen guten Teil der Sonne und somit der Hitze abhalten. Durch die Verdunstung der Erdfeuchtigkeit ist es in der Nähe zu Pflanzen oft kühler. Nachdem gerade Mieter keine Fassaden begrünen können, haben sie mit vertikalen Gartenlösungen aber zumindest die Chance, ihre direkten Balkonwände zu begrünen. Auch dies hilft.
  • Freizeitmöglichkeiten/Innenräume – früher mokierten sich viele Deutsche darüber, dass große Filme gerne im Sommer anliefen, denn bei dem schönen Wetter ginge man nicht ins Kino. Dabei waren die Ausstrahlungszeiten an heißen amerikanischen Gebieten ausgelegt und die Amerikaner nutzten die Chance, ins klimatisierte Kino zu gehen. Heute können Berliner genau davon lernen und ebenfalls Aktivitäten bei großer Hitze möglichst in die klimatisierten Innenräume wie Kinos, Einkaufszentren oder auch Indoor-Sportzentren verlagern. Der Vorteil: Oft ist es leer, weil viele Menschen den Weg dahin scheuen.
  • Freizeitmöglichkeiten/Außenbereich – Parks, der Tiergarten, aber auch entlang der Spree und etwas abseits von Berlin gibt es ausreichend Gelegenheiten. Sobald Wasser vorhanden ist, macht Sommerwetter trotz großer Hitze ohnehin Spaß. Es empfiehlt sich, schon jetzt zu gucken, welche Möglichkeiten im näheren Umfeld bestehen und wie es sich mit Öffnungszeiten und Bademöglichkeiten verhält.
  • Eigenheimbesitzer – wer ein echtes Eigenheim (keine Eigentumswohnung mit WEG) besitzt, kann gezielt an der Fassade des Hauses arbeiten und insgesamt gute Sonnenschutz- und Hitzelösungen installieren. Smart gesteuert reagieren die Gerätschaften auch während der eigenen Abwesenheit. Handelt es sich um eine WEG-Immobilie können die Möglichkeiten beschränkt sein, doch lohnt es sich, entsprechende Vorschläge einzubringen. Letztendlich schwitzen auch die anderen Eigentümer.

Ist eine Hitzewelle erst einmal da, hilft nur, sie zu überstehen. Auf das Wetter kann selbst der Motivierteste nicht direkt einwirken. Kleine Gadgets wie feuchte Halstücher, Sprühflaschen oder auch USB-Ventilatoren helfen untertags, wenn keine weitere Lösung genutzt werden kann.

Fazit – nicht nur Berlin muss umdenken

In Berlin fällt die Problematik bei Hitzewellen nur besonders stark aus, da so viele Menschen auf engstem Raum zusammenleben und die Stadt entsprechend verdichtet ist. Heiß ist es natürlich auch in Köln, Nürnberg oder Bremen. Von heute auf morgen lässt sich das Stadtklima nicht verändern, denn dies würde eine grundlegende Neuordnung der Stadt samt Abrissen großer Blöcke und Straßenzüge bedeuten. Sich jedoch für den Erhalt von Bäumen und Alleen einzusetzen, ist bereits ein erster Schritt in die richtige Richtung. Wer dann bereit ist, sich um die Bepflanzung vor der Haustür zu kümmern und sie bei Trockenheit zu gießen, packt schon tatkräftig mit an und sorgt wenigstens im Kleinen für ein etwas besseres Stadtklima in der Hitzewelle.

Dieser Artikel entstand in Kooperation mit unserer externen Redakteurin Sandra Zimmerman.